Unser gemeinsames Ziel:
Genitalverstümmelung umfassend ächten.
Obwohl der Kampf gegen Genitalverstümmelung in Kurdistan erst 2005 begann, kann »Stop FGM in Kurdistan« inzwischen beachtliche Erfolge vorweisen.
Täglich sind mobile Teams unterwegs, um in betroffenen Regionen Aufklärungsarbeit zu leisten und Daten zu sammeln. In einigen Gegenden, in denen bereits seit geraumer Zeit kontinuierlich Aufklärung betrieben und gegen FGM und andere Formen von Gewalt geworben wird, ist die Rate der Neuverstümmelungen nach neueren Umfragen drastisch zurückgegangen.
»Stop FGM in Kurdistan« ist ein Zusammenschluss lokaler und internationaler Organisationen Menschenrechtsaktivisten, Künstern und Journalisten. Der Kampagne gelang es mit Hilfe lokaler Medien, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und eine – bis dahin undenkbare – öffentliche Debatte ins Leben zu rufen. 2011 schließlich verabschiedete das kurdische Parlament ein umfassendes Gesetz zum Schutz von Frauen und Kindern vor häuslicher Gewalt, das ausdrücklich auch Genitalverstümmelung unter Strafe stellt. Seither steht die möglichst umfassende Umsetzung dieses Gesetzes im Mittelpunkt der Kampagne.
Irakisch-kurdische Medien thematisieren FGM
Genitalverstümmelung, bis vor kurzem ein völliges Tabuthema, wird dank »Stop FGM in Kurdistan« in der irakisch-kurdischen Öffentlichkeit jetzt so intensiv thematisiert wie in keinem anderen Land des Nahen Ostens. Lokale Medien, Zeitungen, Magazine, Radiosender und Talkshows berichten und debattieren nun endlich über die grausame Praxis und ihre schlimmen Folgen. Kurdische Fernsehsender produzieren Dokumentationssendungen und große Zeitungen wie »Hawlati« und »Awena« widmen sich dem Thema FGM regelmäßig in Kolumnen und Reportagen. 2013 hat sich die BBC dem Thema ausführlich in zwei Reportagen angenommen.
Mobile Teams arbeiten in entlegenen Regionen
Die Hilfsorganisation WADI unterstützt frauengeführte mobile Teams, die das Problembewusstsein in Bezug auf FGM stärken, Aufklärung betreiben und praktische medizinische, soziale und psychologische Hilfe leisten. Sie besuchen Dörfer und Schulen vor allem in den ländlichen Gegenden, wo diese Hilfe schwer zu bekommen ist und der Bildungsstand der Frauen niedrig ist.
Die Teams arbeiten in entlegenen Gebieten der Regionen Suleimaniya, Halabja, Pishder, Qandil und Germian. Sie bestehen aus einer Ärztin/Krankenschwester und einer Sozialarbeiterin/Psychologin. Das Konzept ist so effektiv wie nachhaltig: Die Teams leisten auf der einen Seite praktische Hilfe (medizinische Notfallversorgung, Hygieneartikel, Spielzeug) und bieten soziale Beratung und konkrete Hilfe für Frauen in Not. Auf der anderen Seite schaffen sie nach und nach eine Vertrauensbasis, die es ermöglicht, mit den Frauen über Themen wie Frauenrechte, Sexualität, Gewalt gegen Frauen, und auch FGM zu sprechen. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass sie auf der Seite der Menschen stehen und sich im Falle guter Zusammenarbeit für die Interessen des jeweiligen Dorfes einsetzen.
Die Teams genießen durch ihre kontinuierliche Arbeit viel Vertrauen in den betroffenen Dörfern; sie können dadurch ein Umdenken befördern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Frauen die Verstümmelungspraxis eigentlich gern beenden und auch ihre eigenen Töchter davor verschonen würden. Doch sie verfügen nicht über den notwendigen Rückhalt, um dem starken sozialen Anpassungsdruck zu widerstehen. Die mobilen Teams können diese wichtige Funktion erfüllen.
Alle Teams arbeiten eng mit den örtlichen Frauenzentren und Schutzhäusern zusammen.
FGM-freie Dörfer
Seit 2011 haben sich 7 Dörfer in Irakisch-Kurdistan öffentlich FGM-frei erklärt und in einem Netzwerk zusammengeschlossen. In keinem der Dörfer ist seitdem mehr ein Mädchen verstümmelt worden. Als Gegenleistung erhielten die Dörfer kleinere Community-Projekte nach ihren Wünschen, wie etwa: Stromgenerator, Gemeinschaftszelt, Straßenbäume oder Schülertransport zur nächsten Schule.
Wichtig: Die Entscheidung der Dorfbewohner, mit der „Tradition“ zu brechen, ist unabhängig von der Aussicht auf Projekte gefallen. Von Menschen, die nicht von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugt wären, ließe sie sich auch nicht so vergleichsweise billig erkaufen. Die Projekte dienten lediglich der Ermutigung, diesen Schritt öffentlich zu tun.
Das Projekt hat beträchtliche mediale Beachtung gefunden, vor Ort wie international. Über Reuters ging die ergreifende Geschichte des kleinen Dorfes Toutaqal um die Welt.
Das Projekt wurde vom U.S. State Department unterstützt.
Umfangreiche FGM-Studie vorgestellt
2010 stellte WADI eine neue empirische Studie zur Genitalverstümmelung im Nordirak [Link auf dt. Studie] vor, die international viel Beachtung erfuhr. Die UN reagierten und nahmen den Nordirak in ihre Liste FGM-betroffener Länder auf. Human Rights Watch stellte eine eigene Studie zum Thema vor. Seit dieser Zeit konnte FGM in Kurdistan nicht mehr geleugnet werden.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2012 erbrachte den Beleg, dass FGM an den Grenzen der kurdischen Region keineswegs halt macht. Für Kirkuk (Zentralirak) wurde eine Rate von 38% betroffener Frauen ermittelt. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass FGM Irak-weit praktiziert wird.
FGM in Kurdistan ist heute kein exotisches Randthema mehr. Dass Genitalverstümmelung auch im Nahen und Mittleren Osten praktiziert wird, gehört zunehmend zum Allgemeinwissen. Nun, da diese Hürde im Wesentlichen genommen worden ist, hoffen wir auf mehr internationale Unterstützung gegen diese brutale und menschenverachtende Praxis.